Bluttest kann Chronotyp ermitteln

Ermittlung des Chronotyps
By GrahamColm

Ein völlig neuartiger Chronotyp Test zeigt den Chronotypen? Schon kurz vor der Jahrtausendwende hat der französische Krebsspezialist Francis Lévi festgestellt, dass sich die Krebstherapie um ein vielfaches effizienter, und damit mit weniger Nebenwirkungen verbunden durchführen lässt, wenn man diese mit der inneren Uhr der Patienten abstimmt. In mehreren Studien an fast sechshundert Patienten zeigte sich, dass die Tagesdosis der getesteten Chemotherapeutika durch Chronotherapie um über dreißig Prozent erhöht werden kann, und das bei deutlich geringeren Nebenwirkungen.

Bisher gab es jedoch nur zwei Möglichkeiten, den Chronotyp zu ermitteln – Fragebogen oder Selbsteinschätzung.

Michael Wieden selbst war bereits 2003 an der Universität Wien um mit Prof. Dr. Wolfgang Marktl zu eruieren, welche genaueren Methoden man entwickeln könnte, um den Chronotyp jenseits subjektiver Einschätzungen oder Antworten ermitteln zu können. Damals scheiterte eine entsprechende Forschung an finanziellen Mitteln. Die Wirtschaft als möglicher Sponsor war von dem Thema „Chronobiologie“ noch überfordert. Die Akzeptanz fehlte.

Verteilung der Chronotypen in der Gesellschaft basierend auf Ergebnissen des MCTQ-Fragebogens

Der Bluttest

Dies sieht heute, 15 Jahre und einen Nobelpreis später, anders aus. Prof. Dr. Achim Kramer und sein Team an der Charité in Berlin haben es nun umgesetzt und einen Bluttest entwickelt, der über 12 Biomarker im Blut den Chronotyp identifizieren kann. Für ihre Studie entnahmen sie zunächst Probanden den über den Tag hinweg mehrfach Blut und verfolgten darin die Aktivität von rund 20.000 Genen. Über einen lernfähigen Algorithmus isolierten die Forscher dann, aus diesen 20.000 Genen die eben genannten zwölf Gene. An ihnen lässt sich an ihrer Aktivität die Innenzeit der Testperson ablesen, und somit den sogenannten DLMO bestimmen. Dabei handelt es sich um den genetische bedingten Zeitpunkt der Melatoninausschüttung. Je nach dessen Lage, wir man dann dem entsprechenden Chronotyp zugeordnet.   Laut Forscherteam funktioniert dies auch dann, wenn die Testperson entgegen ihres biologischen Rhythmuses früh morgens durch einen externen Impuls (Wecker, Person etc.)  geweckt wird.
Dieses Verfahren ermöglich nun erstmals eine objektive Festlegung des Chronotypen bzw. eines biologischen Schlaffensters, worauf nun auch in Zukunft eine Zeitplanung (Arbeitszeit, Schulzeit etc.) auf Basis von Chronotypen erfolgen kann.

Dies ist ein revolutionärer Schritt, kann man doch nun eine Chronotherapie wesentlich effizienter durchführen, als wenn Selbsteinschätzung oder Fragebogen einer solchen Therapie zu Grunde liegen würde. Letztendlich können sämtliche Therapieformen in Bezug auf Ihre Effizienz davon profitieren, wenn man weiß, wann, basierend auf dem jeweiligen Chronotyp,  die optimale Therapiezeit für den Patienten ist.

Der Effekt für Wirtschaft & Bildung

Kann nun dieser Bluttest auch positiven Effekte auf Wirtschaft, Tourismus und Bildung haben? Die Antwort lautet definitiv „JA“. Natürlich ist ein Bluttest immer ein Eingriff am Menschen und bedarf seiner Einwilligung. Zudem kostet er Geld. Aber es geht dabei um weit mehr als nur die Bestimmung eines Chronotyps. Dieser Bluttest zeigt, dass Chronobiologie bei der Schulmedizin angekommen ist. Ein Chronotyp ist nicht mehr nur ein imaginäres Gebilde oder eine Glaubensfrage, weil es die einen spüren, die anderen nicht. Dadurch dass entsprechende Biomarker identifiziert wurden, die einwandfrei die genetische Grundlage für den eigenen, individuellen Chronotypen bestimmen können, hat die Chronobiolgie die „Esoterik-Ecke“ endgültig verlassen.
Nun ist es gar nicht nötig, dass Unternehmen, Bildungseinrichtungen etc. Ihre Mitarbeiter und Schüler alle einem Bluttest unterziehen. Es geht zunächst nur darum, dass die Auswirkungen die individuelle Chronotypen auf physische wie psychische Gesundheit, Leistungsfähigkeit, Wohlbefinden und Lebensqualität haben, von Entscheidern als etwas verstanden werden, was zentralen Einfluss auch auf Wirtschaft und das Bildungssystem haben. Fehlzeiten, Fehlkosten, Fluktuation und sogar Fachkräftemangel sind die Schlagworte, wenn es um die Berücksichtigung der inneren Uhr innerhalb der Prozesse in Unternehmen, Bildungseinrichtungen oder Tourismus geht.

Wie geht man es an?

Das Hauptproblem liegt darin, dass es auf dem Markt kaum Experten gibt, die in der Lage sind, beides (Chronobiologische Parameter und wirtschaftliche Prozesse) zu verstehen, oder sogar synergetisch zusammenzuführen, um Unternehmen in diesem Bereich zielführend zu beraten. Auf der einen Seite gibt es Chronobiologen, die natürlich Ihre Expertise auf dem Gebiet der Chronobiologie haben, auf der anderen Seite Unternehmensberater, Wirtschaftsexperten, HR-Experten etc., die aber zu einem Großteil noch nicht einmal etwas von der Chronobiologie gehört haben.

Michael Wieden selbst war 2003 der erste Betriebswirt überhaupt, der sich mit der Chronobiologie befasst. Und auch heute, nach 15 Jahre, ist uns im D-A-CH – Raum kein Experte mit fundiertem betriebwirtschaftlichen KnowHow bekannt, der auch tiefgreifende Kenntnisse aus der Chronobiologie aufzeigen kann. Aber dies wird sich ändern. Michael Wieden prophezeit, dass die Chronobiologie in 5-10 Jahren zum Standardrepertoire der großen, innovativen Unternehmensberatungs-Agenturen gehören wird.

Ob dann ein Bluttest zu den klassischen Bewerbungsunterlagen gehören wird, bezweifelt er jedoch. Aber wie gesagt, darum geht es nicht.


Zu allen Themen bietet Michael Wieden (aliamos GmbH) Vorträge an. Einen Überblick finden Sie hier.


Sie wollen Feedbacks zu den Vorträgen sehen? Die haben wir hier.


Abonnieren Sie den aliamos Newsletter
und halten Sie sich in Sachen innovatives BGM, Chronobiologie und Ernährung intelligent informiert. Hier gehts zur Anmeldung.

Quellen:

http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-22899-2018-07-03.html

https://www.jci.org/articles/view/120874/pdf

Ermittlung des Chronotyps über neuen Bluttest

By GrahamColm [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], from Wikimedia Commons